Du stehst morgens um vier Uhr auf und machst Dich für die Arbeit bereit. Um sechs Uhr beginnt Dein Arbeitstag und endet um 18 Uhr. Mehrmals in der Woche arbeitest Du auch länger als 12 Stunden, so dass Du eine tägliche Arbeitszeit von 14 Stunden und mehr erreichst. Statt Dich an den Wochenenden zu erholen, legst Du eine zusätzliche Samstagsschicht ein. Im Schnitt hast Du eine 70-Stunden-Woche. Du hast eine Menge Stress und kaum Zeit für Deine Familie und Freunde, geschweige denn für ausgiebige Freizeitaktivitäten. Demzufolge lebst Du ein extrem ungesundes Leben mit einer ungesunden Ernährung, viel Kaffee und Energydrinks. Wenn Du im Urlaub bist, brauchst Du erstmal eine ganze Woche um Dich von der extremen Überlastung im Job zu erholen.
Erst dann kannst Du den Urlaub genießen. Du bist in dieser Tätigkeit bereits seit vielen Jahren und irgendwann fragst Du Dich, wohin Dein Leben steuert und wie lange Du dieses Tempo durchhalten wirst. Das was wie eine Geschichte aus der industriellen Revolution im Manchesterkapitalismus klingt, habe ich selbst hinter mir. Ich habe über zehn Jahre wöchentlich 60 bis 70 Stunden und monatlich im Schnitt 260 Stunden im Sicherheitsdienst in Wechselschichten gearbeitet. Aus eigener Erfahrung weiß ich, was eine dauerhafte Überlastung im Job ist und wie man sich von dieser befreien kann.
Überlastung im Job: Immer weniger Arbeitnehmer müssen immer mehr machen
Unsere Arbeitswelt ist in Zeiten der Digitalisierung 2.0 und Industrie 4.0 eine vollkommen andere als sie noch in den goldenen 70er Jahren war. Die Globalisierung fordert eine uneingeschränkte Flexibilität und Effektivität der Dienstleistungen.
Vom Mitarbeiter werden teilweise übermenschliche Multitasking-Fähigkeiten gefordert, die sehr oft die Grenzen des machbaren überschreiten. Die Leute ackern den ganzen Tag und haben auch nach Feierabend Rufbereitschaft oder verrichten Arbeiten von zuhause aus.
Auf der einen Seite gibt der Arbeitsmarkt weniger qualifizierte Arbeitskräfte her und auf der anderen sind die Unternehmen angehalten zu sparen. Das ergibt eine dünne Personaldecke und der einzelne Mitarbeiter muss mehr leisten.
Dass solche Verhältnisse unweigerlich zu einer Überlastung im Job führen, liegt auf der Hand. Vieles von dem, was sich die Arbeiterbewegung durch Jahrhunderte aufgebaut hat – wie geregelte Arbeitszeiten und bezahlte Überstunden – wird teilweise wieder ausgehebelt.
Wir erleben in einigen Branchen einen gewissen Rückfall in frühkapitalistische Verhältnisse.
Es gibt Lösungen gegen die Überlastung im Job
Über viele Jahre habe ich immer wieder von den Arbeitgebern und den Vorgesetzten die Aussage gehört:
Richtig. Jeder ist ersetzbar. Und damit hätte sich jeder Arbeitgeber, der sich selbst den Slogan „unser höchstes Gut sind die Mitarbeiter“ auf die Fahnen geschrieben hat – selbst diskreditiert. Denn, „das höchste Gut“ ersetzt man nicht einfach so, oder?
Doch wenn es um die Wurst geht, wenn der Umsatz gegen die Überlastung im Job getauscht werden muss, so wählt der Arbeitgeber den Umsatz. Und nimmt die Überlastung im Job in Kauf. Denn es ist nicht seine Überlastung, diese trägt der Arbeitnehmer.
Doch genug der Kapitalismus-Kritik. Die Symptome zu nennen ist einfach, doch wenn man keine Lösungen anbietet, ist man selbst unglaubwürdig. Ich habe selbst über viele Jahre auch nur über die Wirkungen gesprochen, mich aber kaum mit den Ursachen befasst.
Um eine akute Überlastung im Job zu beseitigen, unterscheide ich zwischen 2 Lösungsansätzen:
- kurzfristige Lösungen
- langfristige Lösungen
Eine kurzfristige Lösung kann und sollte ein Gespräch mit dem Arbeitgeber sein. Alleingänge sind nicht immer zielführend. Man sollte seinem Vorgesetzten mitteilen, dass das Arbeitspensum einfach zu viel und nicht zu schaffen ist.
Im günstigsten Fall zeigt der Arbeitgeber Verständnis und nimmt den Druck weg. Doch dies ist bei Überlastung im Job selten der Fall. Man kann sich mit anderen Kollegen solidarisieren und gemeinsam auf die Missstände hinweisen.
Wenn also permanent unbezahlte Überstunden angeordnet werden, so macht einfach die ganze Belegschaft pünktlich Feierabend. Ob der Arbeitgeber dann die ganze Belegschaft einfach so ersetzen kann?
Hilft alles nichts und die Überlastung im Job nimmt kein Ende – so lässt man sich krank schreiben um sich zu erholen. Krankschreibung – ein „böses“ Wort, ich weiß. Doch ein Arbeitgeber muss sich nicht um meine Gesundheit kümmern – ich dagegen schon.
Man kann nur selbst langfristig etwas bewirken
Kurzfristige Lösungen können immer nur eine kurze Verschnaufpause geben. Die Überlastung im Job wird dann immer wieder zurückkehren. Ein Teufelskreis entsteht und führt zu Konflikten mit dem Arbeitgeber.
Je öfter man krank ist, desto mehr Konflikte wird es mit dem Arbeitgeber geben. Möglicherweise wird dieser versuchen, den Mitarbeiter aus dem Unternehmen zu mobben. Auch gemeinsam mit den Kollegen wird man die Missstände langfristig nicht beheben können.
Der Arbeitgeber wird nicht alle gleichzeitig ersetzen können, aber jeden einzelnen nach und nach. Hier muss man selbst Brainstorming betreiben und handeln. Denn, je einfacher die Tätigkeit, desto einfacher ist man als Arbeitnehmer ersetzbar.
Die langfristige Lösung liegt in der permanenten Aus- und Weiterbildung und der persönlichen Entwicklung. Man sollte Geld in die berufliche Weiterbildung statt in den Konsum investieren. Statt sinnloser Hobbys, sollte man Bücher lesen und Kurse besuchen.
Man kann einen LKW- oder Busführerschein machen und die Branche wechseln. Man kann eine Selbständigkeit in Erwägung ziehen und sein eigenes Unternehmen gründen. Auch die Arbeitslosigkeit kann eine Lösung sein. Solange sie zielführend und produktiv ist.
Gerade während der Arbeitslosigkeit kann man sich ein zweites Standbein im Online-Business aufbauen – einen Blog oder einen YouTube Kanal. Dies ist für jeden möglich, der einen Rechner und Internetanschluss hat.
Man sollte nicht darauf warten, bis sich ein Arbeitgeber erbarmt und die Überlastung im Job minimiert.
Man muss die Dinge selbst anpacken.
Überlastung im Job – Fazit
Die Überlastung im Job ist heute leider in vielen Branchen brutale Realität. Der Umsatz und das Wachstum bestimmen die Arbeitswelt, der Mensch bleibt auf der Strecke. Das muss aber kein Schicksal sein, welches man langfristig hinnehmen muss.
Jeder hat heute die Mittel, sein Leben besser und qualitativer zu gestalten und seine persönliche und berufliche Situation zu verbessern. Wir haben in Deutschland wie sonst kaum irgendwo auf der Welt die Möglichkeit, unser Leben selbstbestimmt zu führen.
Auch ich habe über viele Jahre mit meinem Geld falsch gewirtschaftet und konsumiert, statt zu investieren. Doch irgendwann macht man sich Gedanken über seine berufliche Situation und sein Leben. Schließlich beginnt man zu handeln und ändert nach und nach die Missstände.
Die Überlastung im Job ist nur eines von vielen Missständen in unserer Arbeitswelt. Die Lösung liegt in einem viel breiteren Kontext und der langfristigen persönlichen Entwicklung.
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