Der Begriff Authentizität kommt vom griechischen authentikós und bedeutet echt. Eine authentische Persönlichkeit ist jemand der sein wahres Gesicht nach Außen trägt und sich nicht verstellt. Authentizität beschreibt die Persönlichkeitseigenschaft sowie den persönlichen Wert. Sie sagt, dass sich ein Mensch gemäß seinem wahren Selbst, seinen Gedanken, Emotionen, Werten und Überzeugungen ausdrückt und danach handelt. Er lässt sich nicht durch äußere Einflüsse wie Manipulation und Gruppenzwang beeinflussen. Doch kann man überhaupt eine authentische Persönlichkeit sein ohne sich selbst zu schaden?
Authentische Persönlichkeit: Wo es nicht geht
Die Antwort ist Ja und Nein und kann so pauschal in einem Satz nicht beantwortet werden. Authentizität ist stets ein Wechsel zwischen Ehrlichkeit, Selbstbewusstsein und Professionalität. Auf der einen Seite möchte jeder ein ehrliches Bild seiner Persönlichkeit wiedergeben.
Das ist wahrlich keine Option. Neben der Ehrlichkeit gilt es aber auch, berufliches vom privaten zu trennen.
Es soll kein Interessenskonflikt zwischen Privatleben und dem Beruf entstehen. Mal angenommen, eine Angestellte geht privat gerne feiern und ist ständig auf Partys anzutreffen. Doch diese Angestellte hat einen konservativen Arbeitgeber, möglicherweise eine Kirchenorganisation.
Jetzt kann man sich natürlich ausmalen was eine vollkommene Authentizität in diesem Fall anrichten würde. Es würde womöglich die Angestellte in Erklärungsnöte und Druck seitens des Arbeitgebers bringen.
In diesem Fall wäre es fatal authentisch im Job zu sein. Hier muss die Angestellte tatsächlich eine „Maske“ aufsetzen. Unabhängig davon, dass jeder das Recht hat, in seinem Privatleben zu tun und lassen was er will, wäre die Ehrlichkeit für ihre Anstellung sehr kontraproduktiv.
Authentische Persönlichkeit: Wo es geht
Ein anderes Beispiel ist die Arbeit eines Polizeibeamten. Für diesen Beruf sind persönliche Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen und Umgang mit Menschen unabdingbar. Nehmen wir mal an, ein Polizeibeamter der diese Eigenschaften besitzt, entschließt sich dazu, passiv zu sein.
Er hat sich somit dazu entschlossen, nicht authentisch zu sein. Obwohl er ein selbstbewusster Mensch ist und sehr gut mit Menschen umgehen kann, sagt er sich, „ich will mich ab jetzt zurückhalten und die Arbeit den Kollegen überlassen.“
Das Beispiel mit der Angestellten hat gezeigt, dass es sehr kontraproduktiv wäre, authentisch im Job zu sein. Das Ergebnis im Fall des Polizisten jedoch, zeigt, dass es katastrophal wäre, keine authentische Persönlichkeit zu sein.
Denn der Polizeibeamter würde die persönlichen Eigenschaften die eine Grundvoraussetzung für seine Tätigkeit sind, außer Kraft setzen. Somit wäre er nur bedingt bis gar nicht einsatzfähig. Hier ist die Authentizität nicht nur angebracht, sondern für die Ausübung des Berufes essenziell.
Hier ist eine authentische Persönlichkeit gefragt.
Authentizität ist auch eine Charaktersache
Es gibt aber auch Arbeitnehmer die gerne authentischer wären, es aber nicht schaffen. Die Gründe bei diesen Menschen liegen in der eigenen Persönlichkeit.
Hier bietet sich folgendes Beispiel an. Ein junger Mann im späten Pubertätsalter verliebt sich in ein Mädchen. Nach einiger Zeit verlässt ihn seine Freundin und er verkraftet die Trennung auch nach Monaten nicht.
Die Trennung empfindet er als einen unwiederbringbaren Verlust. Da er als Persönlichkeit noch nicht gereift ist, setzt sich diese Negativerfahrung in seinem Unterbewusstsein fest. Fortan wird sein Denken und Handeln durch diese Erfahrung geprägt.
Nach Monaten verliebt er sich erneut in ein anderes Mädchen. Jetzt denkt er sich: „Die letzte Freundin hat mich verlassen. Ich muss unbedingt immer nett und freundlich sein um diese Freundin zu behalten.“
Was passiert hier eigentlich? Der junge Kerl versteckt seine Ängste hinter einer Maske, in der falschen Annahme, dies würde dazu führen, dass ihn seine Freundin nicht verlässt. Abgesehen davon, dass das der absolut falsche Ansatz ist, verzerrt die Haltung sein wahres Gesicht.
Denn seine Ängste über einen vergangenen Verlust beruhen auf einer negativen Erfahrung. Statt sich zu einem selbstbewussten jungen Mann zu entwickeln, hadert er mit seinen Verlustängsten. Obwohl er problemlos eine Freundin finden könnte, klammert er an dieser einer.
Jetzt stellen wir uns einmal vor, ein Arbeitnehmer hat in seinem Arbeitsleben immer wieder Verluste eingefahren. Immer wieder wurde er irgendwo verdrängt und heraus gemobbt und immer wieder Jobs verloren.
So jemand wird sich geradezu an jedem Job klammern und alles dafür tun, damit er die Arbeit nicht verliert. Hier kommt jede Angst und jedes Minderwertigkeitskomplexes an die Oberfläche – nur die Authentizität bleibt auf der Strecke.
Authentizität hat ihren Preis
Über viele, sehr viele Jahre, war ich selbst im Job keine authentische Persönlichkeit. In den jungen Jahren habe ich dafür gekämpft, vorwärts zu kommen und mir was aufzubauen. Ich wollte mich qualifizieren und mich in meiner Branche spezialisieren.
Sehr viele negative Seiten meines Berufes – angefangen von Wechselschichten bis zu einer unsozialen Dienstplanung – musste ich über Jahre hinnehmen. Ich habe über zehn Jahre kein Silvester gefeiert, weil ich entweder Nachtschicht oder am Neujahrstag Tagschicht gearbeitet habe.
Ich habe mich mit Schichten von 12 Stunden und Wochenenddiensten arrangiert. Wo blieb da die Authentizität? Diese blieb weg, denn da konnte ich es mir nicht leisten, authentisch zu sein. Sogleich mir vieles gegen den Strich ging und ich oft am liebsten alles hinschmeißen wollte.
Doch ich hatte Ziele und wollte diese um jeden Preis verwirklichen. Auch um den Preis, dass ich nicht authentisch sein und mein wahres Gesicht zeigen konnte. Erst über Jahre und Schritt für Schritt konnte mit dem Wachstum meines Marktwertes auch meine Authentizität wachsen.
Doch solange man an seinen Zielen arbeitet und als Persönlichkeit und Fachperson nicht reif ist, kann keine Rede davon sein, eine authentische Persönlichkeit zu sein. Diese Tatsache muss man einfach hinnehmen wie sie ist.
Es ist aber kein Hindernis, sondern ein Ansporn dafür, mehr aus sich zu machen und sich noch weiter zu entwickeln.
Eine authentische Persönlichkeit hat immer eine Wahl
Über viele Jahre habe ich es an Anderen beobachtet und irgendwann auch für mich selbst diese Haltung entwickelt. Wenn man eine Wahl hat und sich seiner Qualitäten und des Marktwertes bewusst ist – ist man immer eine authentische Persönlichkeit.
Zurück zum Beispiel mit dem verliebten jungen Mann. Hätte dieser die Aufmerksamkeit anderer Mädchen und einen gewissen „Marktwert“ unter den jungen Frauen gehabt, so wäre die Geschichte sicherlich anders ausgegangen.
Er hätte nicht an der einen geklammert und sich in eine totale Abhängigkeit gebracht. Genauso verhält es sich im Job. Diejenigen die eine gefestigte Persönlichkeit und keine Angst davor haben, ihren Job zu verlieren, sind auch die, die ihre Meinung sagen.
Es sind auch die, die sich gegen Ungerechtigkeiten erheben und hundertprozentig authentisch sind. Diese Eigenschaft ist im Charakter des Menschen verwurzelt und durch seine Kindheit, Erziehung und die spätere Entwicklung geprägt.
Hat man eine gute Ausbildung, viele Qualifikationen, soziale Kompetenz und ein starkes Selbstbewusstsein – ist man ein authentischer Mensch. Man hat keine Angst davor, sich authentisch zu zeigen. Das heißt nicht, dass man keine Schwächen hat.
Zumal es Menschen ohne Schwächen wahrscheinlich nur in Actionromanen gibt. Doch Authentizität bedeutet nicht, dass der Einzelne keine Schwächen hat, sondern, dass die positiven Eigenschaften überwiegen.
Während ein weniger selbstbewusster und durch negative Erfahrungen geprägter Mensch immer mit einer Maske arbeiten muss. Sei es Zurückhaltung, Neid oder gar Misanthropie, es ist stets eine Maske.
Und diese Maske lässt Dich nicht authentisch sein.
Fazit
Die Frage nach der Authentizität im Beruf ist ähnlich wie die Frage nach dem richtigen Führungsstil. Es kann keine abschließende Antwort gegeben werden. Es gibt nur allgemeine Ratschläge.
Eine optimale Antwort im Fall des Führungsstils wäre, auf den situativen Führungsstil zu verweisen. Denn der kooperative Führungsstil – so sehr sich dieser Durchgesetzt hat, kann nicht immer angewandt werden.
Bockt ein Mitarbeiter zu sehr und zieht damit das gesamte Team herunter, so muss ein Machtwort durch den Vorgesetzten gesprochen werden. Hier ist der autoritäre Führungsstil gefragt.
Genauso wenig wie nur ein einziger Führungsstil angewendet werden kann, kann ein Arbeitnehmer nicht immer authentisch sein.
Es kommt auf die Branche und die Situation an.
- Bürokratie sorgt für Abwanderung von Familienunternehmen - 25. Oktober 2024
- Süddeutsche Zeitung: Schließung von Lokalredaktionen - 24. Oktober 2024
- Quartalszahlen: Tesla-Aktie rasant gestiegen - 23. Oktober 2024