Das Aus für Linux in München

Linux in München

Ein rabenschwarzer Tag für alle Fans des freien Betriebssystems Linux. Das Aus für Linux in München ist beschlossene Sache.

Die Münchner Stadtverwaltung hat beschlossen, sich von freier Software zu trennen und wieder zu Windows zurückzukehren. Nach zehnjähriger Migrationszeit und dreijähriger Nutzung.

Somit verschwindet Linux von 20.000 städtischen Schreibtischen in der Stadtverwaltung. Das Aus für ein Open-Source Vorzeigemodell in der öffentlichen Verwaltung.

Das Aus für Linux in München – die Geschichte eines Erfolgsmodells

Alles begann im Jahr 2003. Die Stadtverwaltung nutzte damals Windows NT 4. Dessen Support endete und man suchte nach einer Ablösung.

Das Ziel war es, die Abhängigkeit von der proprietären Software zu verringern und Kosten zu senken. Da schien freie Software die perfekte Lösung zu sein. München ließ daraufhin eine Clientstudie erstellen. Diese sollte eine Migration von proprietären bis hin zu Open-Source-Lösungen untersuchen.

Der Stadtrat entschied sich für die Open-Source-Lösung um langfristig Kosten zu sparen. Steve Ballmer, damals Chef von Microsoft, reiste eigens nach München. Er versuchte Oberbürgermeister Christian Ude über den Verbleib bei den Produkten seines Unternehmens zu überzeugen. Doch sein Angebot der Preissenkung von 31,9 auf 23,7 Millionen wurde abgelehnt.

Stattdessen forcierte man in München fortan Linux. Ab dem 19. September 2006 begann man die Windows-Arbeitsplätze durch ein angepasstes Debian GNU/Linux und OpenOffice abzulösen.

Der TÜV bestätigte die Tauglichkeit des LiMux-Basisclients als „gebrauchstauglich.“ Bürgermeisterin Christine Strobl nahm am 16. Mai 2007 vom TÜV IT das entsprechende Zertifikat.

Bereits im Mai 2009 wurden 1800 Arbeitsplätze umgestellt und 12.000 nutzten OpenOffice. Die Landeshauptstadt München hatte bis Oktober 2013 über 15.000 von 18.000 Desktop-Computer auf GNU/Linux umgestellt.

Etwa zehn Jahre nach dem Projektbeginn verkündete Peter Hofmann, der Projektleiter von LiMux auf dem Linux Tag im Mai 2013 die Fertigstellung.

Zunehmender Unmut über LiMux

Im Jahr 2014 sprachen sich mehrere Kommunalpolitiker gegen den Einsatz von Linux in der Stadtverwaltung. Sie bemängelten die „mangelnde Alltagstauglichkeit“ der für die Stadträte neu angeschafften Notebooks mit vorinstalliertem LiMux.

Es gab Berichte darüber, dass sich viele Referatsmitarbeiter auch zehn Jahre nach Beginn der LiMux-Einführung nicht an Libre Office gewöhnen konnten.

Es stellt sich dabei jedoch die Frage, in welchem Maß hier die Lobbyarbeit von Microsoft dazu beigetragen hat, dass LiMux immer mehr kritisiert wurde.

2016 hat das IT-Unternehmen Accenture für die Stadt München ein Gutachten zur IT-Leistungsfähigkeit der Stadtverwaltung erstellt. Das Beratungshaus, ein Partner von Microsoft, empfahl dabei, sich in mehreren Stufen wieder von Linux zu verabschieden.

Die Frage der Rückmigrationskosten auf Windows und das Office-Paket des Softwareriesen aus Redmond, war für die Berater offenbar weniger wichtig.

Das Ende des Pinguins in München wurde damit eingeläutet.

Das Ende

Das Aus für Linux in München bedeutet für die Linux-Community den Verlust eines strategischen Vorzeigeprojektes. Insbesondere im Hinblick auf München als eine der wirtschaftsstärksten Städte in Deutschland und Europa.

Denn hier wurde erfolgreich eine Open-Source-Lösung umgesetzt und auch produktiv genutzt. Linux hatte mit München ein ausgezeichnetes Werbeschild.

Heftige Kritik kommt von der Opposition. Grüne und Piraten sprechen angesichts der Entscheidung der schwarz-roten Koalition in München von einem fatalen und millionenschweren Schildbürgerstreich. Offen ist auch was mit den etwa 60 kommunalen GNU/Linux-Programmierern nach Ende von LiMux passieren wird.

Doch auch nach dem Aus von Linux in München bleiben andere öffentliche Einrichtungen und Gemeinden dem freien Betriebssystem treu. Schwäbisch Hall gehört zu den bekanntesten Kommunen die weiter erfolgreich auf den Pinguin setzen.

„Die Stadtverwaltung kann alle Aufgaben mit Linux erfüllen“, sagte der dortige Technikleiter Horst Bräuner. „Alle Fachanwendungen funktionieren.“ In Ausnahmefällen wird Windows in einer virtuellen Umgebung betrieben.

Das Unternehmen Microsoft dagegen möchte nicht von einem Kampf der IT-Kulturen mehr sprechen. Diese gehöre nun der Vergangenheit, man ist offen für alle Systeme, heißt es bei den Redmondern.

Linux habe einen festen Platz in Microsofts Cloud-Rechenzentren. Auch Microsoft ist nicht mehr dasselbe Unternehmen wie einst 2003.

2001 bezeichnete der damalige Microsoft-Chef Steve Ballmer Linux noch als Krebsgeschwür. Sein Nachfolger Satya Nadella dagegen zeigt sich wesentlich offener für das freie Betriebssystem.

Fazit

Das Ende von Linux in München sieht im ersten Moment wie ein herber Rückschlag für die freie Software aus. An der Popularität des legendären Betriebssystems wird es global nicht viel ändern.

Linux ist – abgesehen vom Desktop – das meistverbreitete Betriebssystem auf der Welt. Etwa 92 Prozent der 500 schnellsten Supercomputer der Welt laufen mit dem freien Betriebssystem.

Jedes mal wenn ein Nutzer irgendwo auf der Welt eine Information bei Google anfordert, wird ein Linux-Server aktiv. Vereinfacht gesagt, das ganze Internet wird mit dem freien Betriebssystem betrieben.

Eine Studie der Linux Foundation untersuchte den Einsatz von Linux in großen Unternehmen und Behörden. Rund 87 Prozent der befragten Firmen haben im Jahr 2014 neue Linux-Server ausgerollt. 75 Prozent der Unternehmen nutzen diese als primäre Cloud-Plattform. 23 Prozent nutzen Microsoft Windows und 2 Prozent Unix.

Linux in München

Die Regierung der Volksrepublik China hat 2014 bekannt gegeben, dass sie 200 Millionen Rechner auf Ubuntu Kylin umrüsten wird. Frankreichs Gendarmerie nationale migrierte seit 2004 stufenweise 72.000 Arbeitsplätze von Windows auf Linux.

Seit 2012 betreibt die US Navy ihre Drohnenkontrollsysteme mit dem freien Betriebssystem. Die Raumstation ISS setzt seit 2013 vermehrt auf den Pinguin.

Android ist als eine Software-Plattform für mobile Geräte wie Smartphones, Mobiltelefone, Mediaplayer, Netbooks und Tabletcomputer. Es ist mit einem Linux-Kernel ausgestattet. Mit über 70 Prozent Marktanteil ist es das meistverbreitete Mobilbetriebssystem.

Wie es in München weitergeht und welche Kosten mit der Rückmigration auf Windows auf den Steuerzahler zukommen, lässt sich noch nicht sagen.

Das Aus für Linux in München schadet keineswegs der weltweiten Popularität des Betriebssystems.

Sladjan Lazic

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